Mit Mut, Humor und auf unorthodoxen Wegen ins Lehramt
Wie Cornelia Behm heute ihr Talent als Grundschullehrerin lebt
„Mit 50 habe ich mich an der Fernuni Hagen zum Studium eingeschrieben, heute, gut 10 Jahre später, bin ich als Grundschullehrer kurz vor dem Referendariat. Dazwischen: Ein wilder Ritt. Doch ich würde alles wieder ganz genauso machen, habe es nicht eine Sekunde bereut. Und das Beste: Ich habe das Gefühl, ich werde von Jahr zu Jahr jünger.“
Cornelia Behm redet, wie sie ist: direkt, pragmatisch und mit Berliner Schnauze. Schon früh spürte sie, dass ihr erster Beruf sie nicht glücklich machen würde. Sie hatte zu DDR-Zeiten Pharmazieingenieur studiert, eigentlich aus Interesse am Handwerklich-Technischen. Doch am Ende stand sie immer öfter nur noch als Verkäuferin an der Theke. „Das hatte ich so nie gewollt.“
Ein Gespräch mit ihrer Chefin machte ihr klar, dass sich daran nichts mehr ändern würde. „Ich brauche einen Plan B – dieser Satz ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen, als ich nach dem Gespräch eine Stunde lang in der S-Bahn saß.“ Drei Tage später schrieb sie sich an der Fernuni für Bildungswissenschaften ein.
Die Entscheidung war schnell, fast trotzig, aber zugleich typisch für sie: pragmatisch, lösungsorientiert, offen fürs Neue. „Ich würde zum Beispiel nie zweimal das Gleiche im Restaurant bestellen.“
Erste Schritte als Pädagogin
Ihr erstes Studienjahr fiel in die Zeit der großen Flüchtlingswelle 2015. Eine Kommilitonin fragte sie, ob sie Lust hätte, Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten. „Meine erste Gruppe: 30 junge syrische Männer.“ Erst mal tief durchatmen, dann Klarheit schaffen. „Ich habe schnell klargemacht, wer hier der Boss ist. Und innerhalb kurzer Zeit lief das total cool.“ Der Schulleiter bemerkte trocken: „Ich weiß immer genau, wann Sie in der Klasse sind – dann ist es ganz ruhig.“
Cornelia zweifelte trotzdem. „Ich hab das doch gar nicht richtig gelernt.“ Aber bald wurde ihr klar: Pädagogin ist man oder man ist es nicht. Und sie war eine – von Natur aus.
Studium im Turbo-Tempo
Den berufsbegleitenden Bachelor, eigentlich auf zehn Semester angelegt, absolvierte sie in vier. „Selbst- und Zeitmanagement, Durchhaltevermögen und das Gefühl: Meine Zeit ist knapp, ich will sie nutzen.“
Bewerbungen auf eigene Art
Auch bei Bewerbungen ging sie ihren eigenen Weg. Keine Motivationsschreiben, keine geschönten Lebensläufe. „Ich habe 100 Bewerbungen verschickt, ganz schlicht, mit Foto und Alter. Wenn mein Profil interessant ist, lernen wir uns kennen. Und auch ich merke doch erst im Gespräch, ob es passt.“ Ergebnis: 10 Vorstellungsgespräche, 4 konkrete Angebote.
So landete sie zunächst am Berufsbildungszentrum, unterrichtete angehende Pharmakanten – eine perfekte Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart. Später leitete sie ein Projekt für Kinder mit emotional-sozialen Entwicklungsstörungen. „Spannend, aber es wurde klar: Ich bin lieber nah an den Kindern als im Projektmanagement.“
Der Schritt ins Lehramt
Ein Zufallsgespräch mit einem Kollegen brachte die Idee vom Quereinstieg ins Lehramt. „Gereizt hat mich das sofort, auch wenn dafür nochmal 4,5 Jahre Studium nötig waren.“ Und statt Altersdiskriminierung erlebte sie offene Türen: „Lehrer für NaWi waren Goldstaub, ich wurde sofort genommen.“
Heute unterrichtet sie an einer Schule mit hohem Migrantenanteil. „Bis zu zwölf Nationalitäten in einer Klasse. Das ist genau mein Ding.“ Sie übernimmt bewusst die schwierigsten Klassen. „Da kann ich am meisten bewirken.“
Ihr Erfolgsrezept: wenige, klare Regeln, viel Freiraum, Humor und die Fähigkeit, sich nicht provozieren zu lassen. „Ich bewundere wirklich die Kreativität, was die sich alles einfallen lassen.“ Am Ende eines Schuljahres sagt sie ihren Schülern immer: „Ich habe auch sehr viel von euch gelernt!“
Cornelias Learnings & Tipps
- Einfach ausprobieren – es geht viel mehr, als man denkt.
- Nicht über Altersdiskriminierung jammern, sondern links und rechts schauen, was möglich ist.
- Offen sein: Woher will man wissen, ob etwas geht, wenn man es nicht ausprobiert?
- Unorthodoxe Wege gehen, wenn sie zu einem passen.
- Interessiert sein und sich austauschen, denn: viele Ideen kommen über Gespräche.
Dr. Karin von Schumann