Wie ich mein Encore Chapter fand

Immer öfter tauchte in Gesprächen mit Kolleg:innen, mit Freund:innen, manchmal auch ganz leise
in mir selbst die Frage auf: Wie lange willst du eigentlich noch so weiterarbeiten?

Für mich war die Antwort immer klar: Ich bin Psychologin, das ist meine Identität.
Ich bin Coachin, das ist meine Berufung. Ich bin niemand, der einfach irgendwann „aufhört“.
Dafür macht meine Arbeit zu viel Freude und zu viel Sinn.

Dennoch: Vieles funktionierte zwar wie immer, fühlte sich aber weniger lebendig an.
Ich begann zu spüren, dass es Zeit für Etwas Neues ist. Nicht im Sinne eines radikalen Bruchs,
sondern im Sinne eines Aufbruchs.

Was mir dabei half? Eine Rückschau auf mein eigenes Berufsleben.
Ich arbeite im Coaching oft mit der Life Line, einer Methode, bei der man prägende Stationen
und Wendepunkte reflektiert. Und dieses Mal war ich selbst dran.

Dabei wurde mir klar: Ich hatte zweimal im Leben das Gefühl, für ein Thema wirklich zu brennen.

Das erste Mal mit Ende 20. Frisch promoviert, voller Energie und Ideen war es das Thema „Frauen in Führung“. Genau mein Thema, genau meine Zeit. „Wir haben unser Eldorado gefunden,“ haben meine Kollegin und ich damals gerne gesagt.

Das zweite Mal, nachdem eine Lebenskrise, eine schwere Krankheit mich zwang, mein gut laufendes Beratungsunternehmen abzugeben. Eine Zeit, die ich so nicht geplant hatte und die alles infrage stellte.
Und die mich zum Coaching brachte.

Denn genau in dieser Phase kam meine Supervisorin in mein Leben. Über 80, seit ihrer Kindheit blind und die weiseste Frau, die ich je getroffen habe. Sie hat mich begleitet, gestärkt, gehalten. Ohne sie wäre ich vielleicht nicht Coach geworden. Diese Krise war die Tür zu meiner eigentlichen Berufung.

In den letzten Jahren habe ich viel ausprobiert, viel gelernt, habe Weiterbildungen gemacht, ein berufsbegleitendes Philosophiestudium begonnen …
Alles spannend, inspirierend, aber es war noch nicht das Thema. Ich wollte nochmal etwas finden,
das mich wirklich begeistert und stimmig für mich in dieser Lebensphase ist.

Und dann fiel mir ein Begriff in die Hände:
Encore Career.

Ein Konzept aus den USA, das beschreibt, wie Menschen in der zweiten Lebenshälfte noch einmal etwas Neues beginnen. Nicht aus Mangel, sondern aus Sinn.

Da hat es Klick gemacht. Genau das ist meine Frage, meine und die vieler Menschen meiner Generation:
Was machen wir mit den nächsten 10, 20 oder sogar 30 Jahren?
Was wollen wir wirklich bewegen?
Ich bringe heute meine fachliche Erfahrung mit Übergängen und Lebensumbrüchen ein.
Und meine ganz persönliche Geschichte.
Ich weiß, wie sich ein Bruch anfühlt.
Und ich weiß, wie es ist, wenn sich plötzlich etwas stimmig anfühlt.

Ich habe mein Encore Chapter aufgeschlagen.
Und ich freue mich auf alles, was kommt.